'Lehranstalt' wird Lebensraum
Gestaltung der Amtmann Kreyenfeld Schule in Bochum
Die Amtmann Kreyenfeld Schule ist eine vierzügige Grundschule in Bochum. Das Gebäude stammt noch aus der Kaiserzeit und die alte Farbgebung von Fluren und Klassenzimmern erinnert eher an ein Krankenhaus oder eine 'Lehranstalt'.
Auf Initiative der Schulleiterin, des Kollegiums und des Fördervereins wurde Robert Kaller (M.F.A.) eingeladen, Entwürfe zu fertigen und ein Angebot zur Neugestaltung abzugeben.
Die notwendigen Gelder mussten mühsam von Stiftungen und Sponsoren eingeholt werden, obwohl der Bund jährlich 3,5 Milliarden Euro für Schulgestaltungen bereitstellt. Von diesen Geldern wurden 2017 lediglich 80 Millionen abgerufen.
In den Sommerferien 2018 ist es dann aber endlich soweit: Es erfolgt die pädagogisch motivierte, farbdynamische Gestaltung des 2-stöckigen Treppenhauses unter farblicher Einbeziehung des Treppengeländers inklusive aller handwerklichen Vorarbeiten wie Beseitigung von Putzschäden und Löchern, Armierung, Grundierung und einer sechsfarbigen dynamischen Lasurgestaltung.
Die Reaktion der Schüler nach den Ferien können wir erahnen, denn in anderen Projekten haben wir bereits festgestellt, dass sich nach einer solchen farbdynamischen Auffrischung auch die Farben in den Schulheften der Schüler auffrischen. Und das Staunen der Kinder über die lebendigen Farben ist in der Tat überwältigend! Der Flur ist abwechslungsreich, fantasievoll und orientierbar und beeinflusst das Lernverhalten der Kinder in Richtung Neugierde und offener Lernbereitschaft.
Ein Schulgebäude dient der zeitlich ausgedehnten, vielgestaltigen und komplexen Entwicklung junger Menschen. Als in Entwicklung begriffene Wesen sind Kinder und Jugendliche gegenüber Einflüssen ihrer Umgebung deutlich empfänglicher als Erwachsene. Die seelische Bewegung der Kinder geht zumeist von außen nach innen, d.h. die Stimmung, von der ein Kind umgeben ist, bestimmt seine Handlungsweise mit. In der Praxis konnten wir zudem nachweisen, dass schön gestaltete Räume länger sauber gehalten werden und im Gegensatz zu trostlosen und langweiligen Räumen weniger durch Vandalismus und Verschmutzung beschädigt werden.
Gestaltete Räume und Gebäude bilden eine natürliche Autorität.
Die Amtmann Kreyenfeld Schule ist ein Lebensort, den Schüler und Lehrer teils ganztägig besuchen. Sie ist somit auch ein Ort der inneren und äußeren Bewegung, ein Ort der Besinnung, der Kommunikation und der Vermittlung, ein Ort der Beheimatung und der Zugehörigkeit. Im Zusammenhang mit der ausufernden Krise familiärer Strukturen ist es für viele Kinder auch ein familiärer Ort.
Wir wünschen allen Familien, Schülern, Eltern und Lehrern dieser besonderen Schule viel Freude mit der neuen Gestaltung!
Das Ergebnis begeistert! In einer Nachricht an das Atelier schreibt die Schulleitung:
„Es ist alles so schön geworden! Wir können es noch gar nicht fassen und ich persönlich bin jedes Mal, wenn ich ins Treppenhaus komme, auf´s Neue "geflasht" ….“
Die Schule der Vergangenheit war ein Ort der Belehrung - die Schule der Zukunft ist ein Ort der Erfahrung. Deutschland ist bislang, das haben die Studien der Pisa Kommission ergeben, ein Land, das im Vergleich zu anderen europäischen Staaten nur sehr wenig seines Bruttosozialproduktes in Bildung investiert. Die Erfahrungen in anderen Ländern (z.B. Frankreich) haben ergeben, dass es eine Beziehung zwischen Geburtenrate und schulischer Ganztagsbetreuung gibt. Die Schule der Zukunft ist angesichts der strukturellen Veränderungen in den Familien mit einem wachsenden Anteil alleinerziehender Eltern weitgehend eine Ganztagsschule.
Das Grundschulkind erlebt die Welt als beseelt, fühlt sich mit ihr identisch und braucht demgemäß eine sprechende Umgebung, die nicht nur funktional ist, sondern auch Gefühlsqualitäten vermittelt.